Samstag, Oktober 09, 2004

Fear and Loathing in Las Vegas

Tach auch - jetzt kommen zwei lange Einträge, da in der Wüste kein Internet war. Ab heute bin ich in San Francisco und mein Hostel ist auch im Netz, es gibt also wieder mehr zu lesen. Neue Bilder gibt es auch.
Nach den ganzen Naturmonumenten folgt jetzt der inneramerikanische Kulturschock: Las Vegas. Mit den Gedanken noch im Grand Canyon wird man hier direkt mit allem zugeballert, was man vorher nicht hatte. Menschen, Lichter, Lärm - also rein ins pralle Vergnügungsleben. Josh überrascht uns abends mit einer Stretchlimo, die uns durch Las Vegas kutschiert und Michael, der Fahrer, erklärt uns die wichtigsten Attraktionen der Stadt. Die Mädels finden das natürlich klasse, Josh hat nämlich auch noch für Getränke gesorgt. Nach dem wir uns eine sehr coole Lightshow angeschaut haben, durch Las Vegas gekurvt sind und der Getränkevorrat sich dem Ende neigt, wird entschieden in eine Karaoke-Bar zu gehen. Na prima. Mein Pegel läßt es noch nicht zu, sich vor dem Publikum zu präsentieren, aber Josh hat soviel Spaß an diesem Abend und seiner Suntrek-Gruppe, das er sich einen Doors-Hit aussucht und diesen zum besten gibt - großes Gejohle. Leider ist es jetzt schon zu spät um die Wasserfontainen-Show vor dem Bellagio zu bewundern, also suchen wir den Weg zurück ins Motel und verschieben diesen Punkt auf den nächsten Abend.
Tagsüber ist Las Vegas eher öde - außer man spielt. Oder man kommt auf andere Ideen, was man hier in der Wüste so machen kann. Skydiving zum Beispiel. Also im Tandem aus einem kleinem Flugzeug springen, welches in ca. 5000m Höhe über der Wüste kreist. Dieses etwas bekloppte Vergnügen wollen 3 aus der Gruppe mal ausprobieren: Kathi, Josh und - richtig - ich.
Parental Advisory: Meine Eltern können den nächsten Teil überspringen und dort weiterlesen wo steht: glücklich gelandet.
Wir fahren also gegen Mittag nach Jean, einem Kaff mit zwei Casino's, einem Frauengefängnis und einem Flughafen, welches eine halbe Stunde ausserhalb von Vegas liegt. Der Chef von 'Vegas Extreme Skydiving' ist Eddy - ein Brite, der in Deutschland in einer Sondereinheit (vergleichbar der GSG9) u.a. auch in Rheindahlen stationiert war - so klein ist die Welt. Der schwarze britische Humor läßt nicht lange auf sich warten. Wir bekommen die, für amerikanische Verhältnisse typischen langen Verzichtserklärungen zur Unterschrift, sehen ein Einführungsvideo und bekommen gesagt das bisher noch kein Unfall bei 'Vegas Extreme' geschehen sei - welches die Wahrscheinlichkeit das etwas passiert wohl eher erhöht. Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher ob ich bei der Sache mitmachen möchte, unterschreibe aber trotzdem und schaue mir die ersten beiden Springer an, Josh und eine Schweizerin. Beide werden in ihrer Gurte geschnallt und zwängen sich zusammen mit den beiden Fallschirmspringern (Eddy und Derek sein Partner) und einem Piloten in eine, meiner Meinung nach viel zu kleine Maschine. Diese Maschine scheint mir schon etwas älter zu sein, aber noch jung im Vergleich zum Piloten. Ich hoffe das beide die Sache gut durchstehen. Wir fahren mit dem Auto zum Landeplatz und warten dort auf eine glückliche Landung. 10 Minuten später sehen wir das Flugzeug und 2 kleine helle Punkte am Himmmel, kurz danach auch die Fallschirme. Das ganze scheint also zu funktionieren. Josh landet mit seinem Partner und er kommt uns mit einem debilen Lächeln im Gesicht entgegen, welches er den ganzen Tag nicht verlieren wird. OK - die nächsten 2 sind dran. Ich bekomme mein Geschirr umgeschnallt, an welchem sich Derek im Flugzeug einklinken wird und dann geht's zum Flugzeug. Derek erklärt mir was ich nachher in 4500m Höhe machen muss, damit wir beide ohne anzustoßen aus dem Flieger kommen. Rechts neben der Tür gibt es einen kleinen Tritt, da passen zwei Füße drauf - der äußere wird der von Derek sein, daneben mein rechter Fuß. Ich soll mich ganz entspannt knieend halb aus dem Flugzeug hängen, den Rest, also ins Freie wegkippen, würde dann schon Derek für mich übernehmen. Hier unten, einen halben Meter über dem Boden klingt das ganz gut und vernünftig - soweit man da von Vernunft sprechen kann. Beim freien Fall einfach die Arme vor die Brust kreuzen und die Beine an den Arsch anwinkeln, wenn der Fallschirm dann aufgeht (ich denke mal das er das macht) die Arme einfach rechtwinklig vom Körper strecken. OK - das hab ich alles kapiert und jetzt zurückgehen sieht auch doof aus. Daumen nach oben und eingestiegen. Die Kiste ist echt alt, alles unnötige wurde daraus entfernt damit alle 4 Springer und der Pilot reinpassen. Der Pilot hat als einziger einen Sitz, wir sitzen auf dem Boden - ich neben dem Piloten mit dem Rücken zur Instrumententafel, also nix für Nicht-Rückwärts-in-der-Bahn-fahren-Könner. Ganz großer Flugsport ist jetzt angesagt. Die Mühle kämpft sich erst im Steilflug, dann Runde für Runde auf die Absprunghöhe. Ich grinse etwas dämlich, was anderes bleibt mir ja jetzt auch nicht übrig. Bis hierhin war der Urlaub eigentlich recht schön.
Schliesslich gibt der Pilot ein Zeichen und los geht die Show: Ich darf mich auf die Knie umdrehen, Derek ist hinter mir und schnallt sich bei mir an. Die Tür direkt neben mir wird geöffnet - KACKE! Es ist tierisch laut, ganz schön kalt und ziemlich windig hier oben. Unter mir ist laaange nix und dann Wüste, ein klitzerkleiner Highway mit ein paar Punkten. Derek macht einen großen Schritt ins Nix auf besagten Tritt und ich soll ihm folgen. Na gut, schliesslich häng ich an ihm dran und setze meinen Fuß neben seinen. Ich steh also halb drin im Flieger (gut) und halb draußen (schlecht) - mein Denken setzt mal grad ein bisschen aus und ich hoffe, das meine Bekanntschaft hinter mir, die ich erst seit 15 Minuten kenne, die Sache schon richten wird. Im Zeitlupentempo kippen wir jetzt schräg nach vorne und die ersten Sekunden im freien Fall sind der Knaller. Ich hab natürlich alles vergessen was mir Derek noch am Boden erklärt hatte, Beinstellung, Arme und so weiter - irgendwie seh ich da nur ein Stück Erde auf mich zurasen. Schliesslich öffnet Derek den Schirm, wir werden ein Stück nach oben gerissen und es ist auf einmal sehr still. Ich schau mir die Gegend an, Las Vegas, die Mojave-Wüste, Death Valley soll hinter den Bergen sein und da werd ich schon gefragt ob wir ein paar Spins drehen sollen - warum nicht, schlimmer kanns ja nicht kommen. Jetzt also nochmal Achterbahn, die Gurte drücken sich in meine Oberschenkel, meine Beine fühlen sich leicht taub an und mein Magen hatte sich den Vormittag wohl auch anders vorgestellt. Der Landeplatz kommt näher, ich soll meine Beine anziehen und schon sind wir gelandet. SAUGEIL. Anscheinend hab auch ich dieses Grinsen im Gesicht, und die anderen die mich unten erwarten freuen sich mit mir und Kathi, die auch glücklich gelandet ist.

1 Kommentare:

  • RESPEKT!!
    Jetzt solltest Du eigentlich den Colt Sievers Gedächnisorden bekommen. Mensch, bei der Karaoke Show hättest Du doch "Auf der Reeperbahn" zum besten geben können, das haben die doch bestimmt da :-)
    Tja und wat kommt jetzt? Wir sind gespannt
    Gruß
    Flitcraft

    By Anonymous Anonym, at 9:44 AM 

Dein Kommentar
<< zurück